Tatacoa, Tierradentro, San Agustin und Popayan: beeindruckende Landschaften, indigene Kulturen und koloniale Architektur

Teil 1: Tatacoa-Wüste/Desierto de la Tatacoa

Vor kurzem hatten wir wieder mal die Gelegenheit, unsere Südtour “unter die Räder zu nehmen”. Zusammen mit unseren liebenswerten Gästen Sabine und Christian aus München, haben wir uns auf eine zehntägige Reise gemacht, die ohne jeden Zweifel zu den Highlights einer jeden Kolumbien-Rundreise gezählt werden darf.

Tatacoa Wüste

Nach einem nur 30-minütigen Flug von Bogota aus, beginnt unsere Tour in Neiva, der Hauptstadt des Bundeslandes Huila. In der knapp 300.000 Einwohner zählenden, quirrligen und geschäftigen Stadt decken wir uns zunächst mit Wasservorräten ein. Wegen eines Streiks der kolumbianischen LKW-Fahrer, der während unserer Reise andauerte, war in kleineren Ortschaften mit Versorgungsengpässen zu rechnen. In Viallavieja, dem Eingangsort zur Tatacoa-Wüste, so dachten wir deshalb, könne es eventuell Schwierigkeiten geben, genügend Getränke zu bekommen – und bei Durchschnittstemperaturen von rund 30 °C ist die Mitnahme von genügend Flüssigkeit nicht nur eine Empfehlung, sondern statt dessen sogar ein unbedingtes Muss!

 

Kleines Dorf mit grosser Geschichte

Villavieja wurde bereits am 18. August 1550 gegründet. Bekannt ist in der kleinen, fast vergessen scheinenden Ortschaft vor allen Dingen die Santa Barbara – Kapelle, das älteste Gotteshaus des Bundeslandes Huila. Nachdem wir unser Hotel bezogen haben, machen wir uns auf einen Rundgang durch das am Río Magdalena gelegene Dorf. Zwar bietet es auf den ersten Blick nicht all zu viel, allerdings sollte man es auf gar keinen Fall unterschätzen. Das Paläontologische Museum, in einem Nebenbau der Santa Barbara – Kapelle untergebracht, beherbergt eine beeindruckende Fossilien-Sammlung: unter anderem ist dort der versteinerte, rund 1,5 Meter breite Rückenpanzer einer Riesenschildkröte ausgestellt, der erst im Jahr 2014 entdeckt wurde.

Sobald es etwas kühler wird, machen wir uns auf den Weg in’s Herz der Tatacoa-Wüste. Eine kleine, kurvige Strasse windet sich vorbei an übermannshohen Kakteen, die einsam der Sonne trotzen. Die Gesamfläche der Region beträgt 330 km² und bemerkenswert ist, dass das Landschaftsbild weder von Strommasten, noch von Kabeln unterbrochen wird. Grund dafür ist die Sternwarte, die nach wenigen Kilometern links neben der Strasse auf einem Hügel zu sehen ist. Damit der nächtliche Sternenhimmel, der hier zu den schönsten Kolumbiens zählt, ohne störende Lichtverschmutzung beobachtet werden kann, gibt es in der gesamten Wüste keinen Strom. Da die Gegend in unmittelbarer Nähe zum Äquator gelegen ist, bietet sich hier ein einzigartiger Blick sowohl auf den Himmel der nördlichen, als auch auf den der südlichen Hemisphäre.

Die Tatacoa-Wüste erhält ihren Namen von einer Schlange, die früher in der abgelegenen Gegend zuhause war. Als der spanische Eroberer Jiménez de Quesada das Tal zwischen Río Magdalena und Río Cabrera erstmals im Jahr 1538 bereist, nennt er es “El Valle de las Tristesas – Das Tal der Traurigkeit”. Bezug nahm der Spanier damit auf eine Landschaft, die kaum verlassener und lebensfeindlicher sein könnte. Bis zu 20 Meter tiefe Cañons erschwerten bereits im 16. Jahrhundert das Fortkommen und die erodierten Böden, die so typisch für die Tatacoa-Wüste sind, schaffen eine Umgebung, die kaum surrealer sein könnte. Der argentinische Fernsehsender Fox hatte im ersten Semester 2016 über Wochen hinweg einen Filmset in der Nähe der Sternwarte aufgebaut – über den Inhalt ihrer Aufnahmen wollten die freundlichen Kollegen allerdings keine Auskunft geben.

 

Eine Landschaft wie aus dem Bilderbuch

Am Fusse einer kleinen Raststätte, in der die freundlichen Betreiber Guarapo – frisch ausgepressten Zuckerrohrsaft – verkaufen, lassen wir unser Auto stehen und beginnen eine Wanderung, die uns rund eineinhalb Stunden lang durch den Cuzco genannten Teil der Wüste führt.

Zunächst besteigen wir einen kleinen Hügel und geniessen für einen Moment die Aussicht. Weit verstreute Bauernhöfe verlieren sich am Horizont und ein paar einsame Ziegenherden sind die einzigen Lebewesen, die wir in der Landschaft sehen. Wir wandern anschliessend durch ein System winziger Täler, die sich voneinander durch steil ansteigende Bergwände trennen. Die Gegend wird nicht umsonst “Labirinto – Labyrinth” genannt: Wer den Weg nicht kennt, muss sicherlich ein paar Mal umdrehen, weil er sich verlaufen hat. Da die Strecken, die man dabei zurücklegt jedoch nicht lang sind, ist es nicht sonderlich ärgerlich ein paar Extra-Schritte zu laufen. Ganz im Gegenteil: Mit jedem Meter den man geht, entdeckt man neue Details im Sand, sieht man kuriose Gesteinsformen, die die Erosion über Jahrtausende hinweg geschaffen hat.

Über Ventanas, einen weiteren Aussichtspunkt, der rund vier Kilometer von Cuzco entfernt ist, gelangen wir später nach Los Hoyos. Während im vorderen Teil der Wüste die Landschaft durch Rot- und Ockertöne geprägt ist, herrschen im entfernteren Teil der Tatacoa-Wüste eher Grautöne. Wenngleich die Region nicht besonders gross ist, so ändert sich doch ständig die Umgebung.

In Los Hoyos hat der Eigentümer eines Restaurants einen einladenden Swimmingpool inmitten einer bizarren Mondlandschaft konstruiert. Turkisgrünes Wasser lädt zum Baden ein. Während der Wind ringsherum kleine Staubwolken über den Boden treibt, lässt es sich im Pool eine Weile ganz gut aushalten.

Morgen steht uns die Rückreise nach Neiva bevor. Über Tierradentro, San Agustin und Popayan – so unser Plan – werden wir anschliessend nach Cali weiterfahren. Für heute jedoch geniessen wir die Stille und Abgelegenheit, die so charakteristisch für die Tatacoa-Wüste sind. Der Ort könnte kaum besser gewählt sein, um sich zumindest für einen Moment vom Stress des Alltags zu erholen.

 

Telipogon Diabolicus, die Orchidee mit dem Teufelsgesicht

Eigentlich sind Orchideen für ihren Farbreichtum und ihre wunderschönen Formen bekannt. Im Süden Kolumbiens jedoch wurde erst vor wenigen Tagen eine bisher unbekannte Orchideenspezie entdeckt, die in ihrem Blütenzentrum – rund um die Fortpflanzungsorgane – eine Zeichnung aufweist, die an die Fratze eines Teufels erinnert. In Anlehnung daran wurde ihr der wissenschaftliche Name Telipogon Diabolicus gegeben

Kolumbien OrchideeFoto: Marta Kolanowska

Die seltene Pflanze ist endemisch und wurde von den polnischen Biologen Marta Kolanowska und Dariusz L. Szlachetko im Grenzgebiet zwischen den Provinzen Nariño und Putumayo gefunden. Lediglich 30 Exemplare haben die beiden osteuropäischen Wissenschaftler in der Bergregion Páramo de Bordoncillo gezählt. Da die Strasse von Pasto nach Mocoa in unmittelbarer Nähe zum Standort der seltenen Orchidee verläuft, gilt die Blume bereits jetzt als vom Aussterben bedroht. Sie wird lediglich 5,5 bis 9 Zentimeter gross und wächst als als so genannter Epiphyt auf Bäumen.

Kolumbien gehört zu den artenreichsten Ländern der Erde. Insgesamt 3600 verschiedene Orchideenarten kennen Botaniker in dem südamerikanischen Land. Alleine vergangenes Jahr, so Experten, wurden 20 neue Spezies entdeckt und registriert. Vermutet wird, dass bis heute noch mehrere hundert Orchideenarten gänzlich unbekannt sind.

Rap zum Schutz der Meere

 Regelmässig im Juli beginnt entlang der kolumbianischen Pazifikküste ein Naturschauspiel, das seinesgleichen sucht: Mehr als zweitausend Jubarte- und Buckelwale reisen von den kalten arktischen Gewässern im Süden des Kontinents mehrere tausend Kilometer, um in den warmen Wassern rund um Buenaventura, Nuquí und Bahía Solano zu überwintern und dort ihre Jungtiere grosszuziehen. Damit Wale und andere Meerestiere auch künftig an den Küsten des südamerikanischen Landes geeignete und geschützte Gebiete vorfinden, hat der World Wildlife Fund For Nature (WWF) – eine der größten und erfahrensten Naturschutzorganisationen der Welt – erst vor wenigen Tagen eine Sensibilisierungskampagne initiiert, die ganz auf Kunst und Jugend setzt.

Andres Pulgaenter

Zusammen mit dem “Ministerium für Umwelt und Nachhaltige Entwicklung – Ministerio de Ambiente y Desarrollo Sostenible” und der Nichtregierungsorganisation “Mano Amiga Arte Colectivo” haben die Naturschützer drei Videos mit jugendlichen Rappern produziert, die dazu beitragen sollen, die Bevölkerung an Kolumbiens Küsten für Umwelt- und Naturschutz-Themen zu sensibilisieren. “Unseren Nationalpark Utria müssen wir schützen, denn dort bringen die Walmütter ihre Jungen zur Welt. Fischernetze bedrohen sie, fangen sie ein und das wollen wir nicht”, singt zum Beispiel ein jugendlicher Naturschützer aus Nuquí in einem der Videos.

Obwohl es in kolumbianischen Meeresgewässern immerhin 32 geschützte Gebiete gibt, nimmt die Verschmutzung der Küsten stetig zu. Die Gründe sind leicht auszumachen: Abfälle und Abwässer, die ohne jede Vorsicht im Meer enden, Quecksilber, das beim – vielfach illegalen – Goldschürfen verwendet wird und über zahlreiche Flüsse ebenfalls ins Meer gelangt – die Liste liesse sich beliebig fortsetzen. Der bekannte kolumbianische Journalist Juan Gossaín beschrieb die Situation vergangenes Jahr in der Tageszeitung El Tiempo folgendermassen: “… wir sollten für uns den Weltrekord anmelden, das einzige Land zu sein, das es gleichzeitig schafft, zwei Ozeane zu zerstören” – Gossaín bezieht sich darauf, dass Kolumbien bedrohte Küsten sowohl am Pazifik, wie auch dem karibischen Meer hat.

Besonders besorgniserregend ist die Situation für Meeresschildkröten und Wale. Fast 90% der Abfälle, die in den Lebensräumen der beiden Tierarten enden, bestehen aus Plastikmüll, der den natürlichen Nahrungsmitteln teils verblüffend ähnelt. Den Verzehr jedoch bezahlen die Tiere in der Regel mit ihrem Leben. Dass das jetzt anders werden soll, dafür sollen die drei Videos sorgen, die der WWF vergangene Woche veröffentlicht hat. Insgesamt 80 Kinder und Jugendliche aus Nuquí, San Bernardo del Viento und der Karibikinsel San Andrés rappen darin gegen unverantwortliche Müllentsorgung, rücksichtslos ausgelegte Fischernetze und für mehr Verständnis in der Bevölkerung gegenüber bedrohten Tierarten. Andrés Ramirez Cujar, Umweltschützer und Filmemacher, der für die in Quibdó ansässige Produktionsfirma Pulga Enter Films arbeitet, führte bei den Videos Regie. Über seine Erfahrungen sprach er mit uns.

 

Colombia Viajes: Andrés, zusammen mit einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen aus Nuquí, San Bernardo del Viento und San Andrés Islas hast Du vor kurzem drei Videos für den WWF produziert, die die Bevölkerung an Kolumbiens Küsten sensibilisieren sollen in Hinblick auf Umweltprobleme. Worin bestehen diese Probleme ?

 Andrés Ramirez Cujar: In erster Linie bestehen die Probleme darin, dass der kolumbianische Staat in diesen Regionen kaum oder gar keine Präsenz hat. Bei den drei Gebieten, die Du erwähnst, handelt es sich um Paradiese im wahrsten Sinne des Wortes. Der Pazifik ist unbeschreiblich schön und zugleich bis heute ausgesprochen ursprünglich. Dazu kontrastiert sowohl die Schönheit unserer karibischen Küste, als auch die des Meeres der “sieben Farben” rund um San Andrés. Leider – und das ist sicher kein neues Problem – schätzt unsere Regierung diesen Reichtum nicht. Ich denke, wenn eine Gesellschaft gebildet ist und sich der Umweltprobleme bewusst ist, von denen sie umgeben ist, dann ist Fortschritt und Entwicklung nur eine Frage der Zeit. Wenn wir den Menschen allerdings keine Chance auf Ausbildung geben und sie davon abgesehen auch nicht darüber informieren, wie es um die geschützten Meeresgebiete entlang unserer Küsten in Wirklichkeit steht, wenn wir ihnen keine Idee darüber vermitteln, welche Schäden wir selbst der Umwelt zufügen, dann wird sich an bestehenden Missständen ganz sicher auch in Zukunft nichts ändern. Und genau darum geht es in den Videos: Zumindest die Kinder, die in den betroffenen Gebieten leben, darüber aufzuklären, wie sie ihre eigene Umwelt schützen können.

 

Du verwendest für Deine Arbeit Rap als Kunstform und versuchst damit ein Problem zu lösen, welches seinen Ursprung in mangelndem Umweltbewusstsein hat. Denkst Du, dass Kunst generell hilfreich sein kann, wenn es darum geht Alltagsprobleme zu lösen?

 Kunst ist stets ein Spiegelbild des Lebens und ich glaube, dass wir uns sehr leicht selbst damit identifizieren können. In Kolumbien haben wir – generell gesehen – eine ausgesprochen reiche und vielfältige Kunst, die in nahezu allen Lebensbereichen zum Ausdruck kommt. Zwar haben wir uns für unser Video-Projekt sehr weit von den traditionellen, ortstypischen Musikstilen der Regionen entfernt, in denen wir gedreht haben. Ihre Angst vor dem Mikro haben die Kinder und Jugendlichen, mit denen wir zusammenarbeiten durften, trotzdem sehr schnell verloren. In San Bernardo del Viento – zum Beispiel – war Hip Hop oder Rap kaum bekannt. Der Spass, den die Kinder und Jugendlichen jedoch bei der Produktion hatten, hat uns sehr schnell dabei geholfen, sämtliche Barrieren zu überwinden. Wir haben dann aber auch versucht – und das hat uns die Arbeit sicherlich erleichtert – autochthone Musikelemente in unsere Songs einzubeziehen und Bilder zu verwenden, die möglichst repräsentativ sind für die Kultur, die Umgebung und die verschiedenen Lebensstile der drei Produktionsorte.

 

Du hattest Gelegenheit mit insgesamt 80 jungen Menschen verschiedener Landesteile zusammenzuarbeiten. Wie arbeitet es sich mit Kindern und Jugendlichen, wenn es um relativ komplexe Themen wie den Umweltschutz geht?

 Mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten ist nicht immer einfach – vor allen Dingen, wenn man einen sehr eng gesteckten Zeitplan hat und das Ergebnis trotzdem erstklassig sein soll. Erschwerend kam ausserdem hinzu, dass keiner unserer jugendlichen Gäste Erfahrung mit einer Video- oder Musikproduktion hatte. Für uns war es deshalb eine Herausforderung, die aber – Gott sei Dank – mit einem sehr positiven Egebnis endete. Besonders toll finde ich, dass sich unsere jugendlichen Künstler ehrliche Sorgen um das Befinden unserer Umwelt machen. Ihr Engagement konnte ich aus erster Hand erfahren, als ich sie beim Verfassen der Texte beobachten durfte. Und genauso sieht man ihnen auch beim Singen ein authentisches Interesse an Umweltthemen an. Sie selbst sind in den vergangenen Jahren Zeugen davon geworden, wie sich ihre Umgebung verändert hat. Gerade in San Andrés Islas gibt es momentan Probleme mit einer ständig wachsenden Bevölkerung und darüber machen sie sich grosse Sorgen. Unser Projekt basiert grundsätzlich darauf, dass die Kinder und Jugendlichen, die daran teilgenommen haben, ihre Erfahrungen an ihr Umfeld weitergeben – und das tun sie ohne jeden Zweifel. Es würde wahrscheinlich zu weit führen, würde ich hier alle meine positiven Eindrücke widergeben wollen. Daher nur soviel: Ich könnte mit dem Ergebnis unserer Arbeit kaum zufriedener sein!

 

Die Jugendlichen aus Nuquí widmen einen Teil ihres Liedes den Walen, die jährlich an die kolumbianische Pazifikküste kommen. Was schlagen sie konkret vor, um die Tiere zu schützen?

 Stimmt – im Lied bezeichnen sie den Nationalpark Ensenada de Utría als den grössten Geburtssaal der Welt, da die Walmütter jedes Jahr dorthin kommen, um ihre Jungtiere zu gebären. Die Tiere reisen mehrere tausend Kilometer vom anderen Ende des Kontinents, um an der kolumbianischen Pazifikküste ihre Jungen grosszuziehen. Alleine die Vorstellung daran hat für mich etwas Magisches, macht die Region um Nuquí zumindest in meinen Augen zu einem Ort, der weltweit seinesgleichen sucht. Die Kinder und Jugendlichen des kleinen Küstendorfs schützen bereits jetzt aktiv die Tiere, indem sie an unserem Projekt teilgenommen haben und dadurch öffentlich auf das Problem bedrohter Lebensräume der Wale aufmerksam machen.

 

Insgesamt waren es während Deiner Arbeit doch wahrscheinlich mehrere Wochen, die Du sowohl mit den jungen Künstlern, als auch mit der gesamten Bevölkerung von Nuquí, San Bernardo del Viento und San Andrés Islas verbringen konntest. Gerade in Hinblick auf die Umweltprobleme, unter denen diese drei Dörfer/Regionen leiden: Was ist Dir aus dieser Zeit ganz besonders in Erinnerung geblieben?

Am meisten ist mir der Widerspruch in Erinnerung geblieben, der zwischen dem Wohlstand der Touristen und den Nöten der Einheimischen besteht. Wenngleich die drei Regionen, in denen wir uns mit unserem Drehteam aufgehalten haben, ungeheuer reich an Kultur und Biodiversität sind, so gibt es doch kaum eine Entwicklung, die es den Einheimischen erlaubt, zu Wohlstand zu gelangen. In der Regel gehören touristische Einrichtungen wie Hotels oder Restaurants ausländischen Investoren, die sich nur wenig oder gar nicht um Umweltschutzbelange oder um die Traditionen und Bräuche der Einheimischen kümmern. Der Erhalt und der Schutz von empfindlichen Ökosystemen steht bei ausländischen Tourismusbetrieben sicher nicht an erster Stelle – zumindest ist das mein Eindruck.

 

Welche Erwartung stellst Du an Deine Arbeit und was haben Dich die Jugendlichen gelehrt, mit denen Du zusammenarbeiten durftest?

Ich denke, wir haben es geschafft drei Songs zu produzieren, die sowohl bei Alt, als auch bei Jung ins Ohr gehen und deren Refrains haften bleiben. Was mich die Jugendlichen davon abgesehen gelehrt haben, ist ohne jeden Zweifel, dass die junge Generation mehr als bereit ist, Herausforderungen anzunehmen und Verantwortung zu zeigen. Und das – so hoffe ich zumindest – wird auch irgendwann für den Rest unserer Bevölkerung gelten.

Interview und Text: Oliver Schmieg

 

Zehn exotische Früchte, die man während eines Kolumbien-Urlaubs unbedingt probieren muss

Kolumbien ist bekannt für seine Artenvielfalt – und um diese kennenzulernen, muss man keineswegs entlegene Urwaldflüsse oder unzugängliche Andentäler bereisen. Der Besuch eines kleinen Lebensmittelmarktes reicht vollkommen aus, um einen ziemlich genauen Eindruck davon zu bekommen, wie gross in dem südamerikanischen Land die Diversität alleine bei den Früchten ist. Wir stellen Ihnen zehn Obstarten vor, die – wie wir meinen – ausserordentlich exotisch sind und die Sie während Ihres Urlaubs in Kolumbien unbedingt probieren müssen.

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–       Lulo (oder auch Naranjilla de Quito – Solanum Quitoense): eine orangefarbene, runde Frucht, die einen leicht säuerlichen Geschmack hat und die ausnahmslos nur für die Zubereitung eines erfrischend schmeckenden Fruchsafts verwendet wird. Wegen ihres spanischen Namens Naranjilla de Quito darf davon ausgegangen werden, dass die Lulo-Frucht ihren Ursprung in Ecuador hat.

 

–       Feijoa (Acca Sellowiana): ein leicht “runzelige”, grüne und ovale Frucht, die etwas kleiner als ein Ei ist. Ihr Geschmack ist leicht säuerlich, daher wird sie überwiegend für die Zubereitung von Fruchtsäften hergenommen. Ihren Namen erhält sie in Erinnerung an den brasilianischen Naturforscher und Philosophen João da Silva Feijó, dem ehemaligen Leiter des Naturhistorischen Museums von São Sebastião. Sie wird oft auch “Guayaba von Brasilien” genannt, was die Vermutung erlaubt, dass die Frucht ursprünglich aus eben diesem Land kommt.

 

–       Gulupa (Passiflora Pinnatistipula): eine tief weinrote, apfelrunde Frucht, deren Inneres der Maracuya  ähnelt. Ursprünglich aus Brasilien stammend, ist sie heute eine der meist exportierten Früchte Kolumbiens. Während vor sieben Jahren lediglich 500 Tonnen ins Ausland verkauft  wurden, sind es heutzutage rund 3000 Tonnen. Die Gulupa-Frucht wird in erster Linie für Fruchtsäfte, süsse Nachspeisen oder Eismischungen verarbeitet.

 

–       Curuba (Passiflora Tripartite): ist eine längliche, der Banane ähnliche Frucht, die zur Familie der Passionsfrüchte gehört (auch bekannt unter der Bezeichnung Banana Fruta de la Pasión). Auf Marktplätzen und in Supermärkten ist sie etwas leichter zu finden, als die Gulupa-Frucht. Wegen ihres säuerlichen Geschmacks wird sie ebenfalls überwiegend zur Zubereitung von Fruchtsäften verwendet und sie ist praktisch das ganze Jahr über zu bekommen.

 

–       Uchuva (Physalis Peruviana): kommt ursprünglich –  wie der Name vermuten lässt – aus Peru und ist mit einer jährlichen Exportsumme  von rund 30 Millionen Dollar so etwas wie die Königin unter den exotischen Früchten Kolumbiens. Uchuvas haben einen leicht säuerlichen Geschmack und werden roh gegessen oder sie werden zur Verzierung von Salaten oder Cocktails hergenommen. Sie sind klein, rund und orangefarben.

 

–       Tomate de árbol (oder auch Baumtomate – Solanum Betaceum): eine weitere Frucht, die in Kolumbien überwiegend zur Zubereitung von Fruchtsäften verwendet wird. Sie ist ausserordentlich vitaminreich und gehört zu den zehn kolumbianischen Früchten, die das grösste Exportationspotential haben. Im Ausland ist sie unter dem Begriff Tamarillo bekannt und obwohl ihr Ursprung zweifellos in den südamerikanischen Anden liegt, werden die europäischen Märkte in erster Linie von Früchten aus Neuseeland versorgt.

 

–       Zapote Sudamericano (Südamerikanische Sapodilla – Quararibea Cordata): im Gegensatz zu den mexikanischen, bzw. mittelamerikanischen Sapodilla Früchten, gehört die südamerikanische Sapodilla Frucht eigentlich gar nicht zur gleichen Familie, sondern ist statt dessen ein Malvengewächs (Malvaceae).  Sie hat ihren Ursprung im Amazonasbecken und ist leicht erkennbar wegen ihrer braunen, holzartigen Schale. Ihr Inneres besteht aus einem orangefarbenen Fruchtfleisch, das roh gegessen wird.

 

–       Pitahaya Amarilla (Gelbe Pitahaya – Hylocereus Megalanthus): wird überwiegend exportiert – für den kolumbianischen Konsumenten ist die Frucht noch recht unbekannt, obwohl sie auf fast allen Marktplätzen relativ leicht zu bekommen ist. Ihrem süsslich schmeckenden, weissen Fruchtfleisch werden ausgesprochen gesunde Eigenschaften nachgesagt: sie ist reich an Vitamin C und B und enthält Mineralien, Kalzium, Phosphor, Eisen und pflanzliche Proteine. Wegen ihres Aussehens – ihre gelbe Schale ist stachelig und mit unzähligen Falten versehen – ist die Frucht in Kolumbien unter dem Begriff Fruta de Dragón – Drachenfrucht bekannt.

 

–       Borojó (Borojoa Patinoi): stammt von der kolumbianischen Pazifikküste und ist so etwas wie der “Superstar” unter den Früchten des südamerikanischen Landes, wenn es um den Gesundheitswert von Obst geht. Äusserlich ist die Borojó-Frucht wegen ihres braunen und – zumindest im reifen Zustand – extrem schrumpeligen Aussehens eher unattraktiv. Ihre innerlichen Werte jedoch können sich sehen lassen: wegen ihres hohen Vitamin A und C – Gehalts, ihrer essenziellen Fettsäuren und da sie ausgesprochen reich an Magnesium, Kalzium, Phosphor, Zink und Eisen ist, wird sie gerne als medizinisches Allroundtalent bezeichnet. Nachgesagt wird ihr ausserdem, dass sie den Zuckerhaushalt im Blut ausgleicht und dass sie ein wirksames Mittel gegen bronchiale Beschwerden darstellt. Dass sie nebenbei auch noch das Hungergefühl eindämmt und aphrodisierende Eigenschaften und eine stark potenzsteigernden Wirkung haben soll, muss wahrscheinlich nur noch am Rande erwähnt werden. Die Frucht schmeckt am besten, wenn man sie als Saft zubereitet.

 

–       Mangostino (Mangostan-Frucht – Garcinia Mangostana): bis vor wenigen Jahren war die Mangostan-Frucht auch auf kolumbianischen Marktplätzen noch verhältnismässig unbekannt – heute jedoch hat sie sich wegen ihres hervorragend schmeckenden, weissen Fruchtfleisches einen Stammplatz in den Einkaufskörben kolumbianischer Hausfrauen erobert. Zwar gehört sie eher zu den teureren Obstsorten, allerdings wird sie wegen ihrer antioxidativen Eigenschaften sehr geschätzt. Kolumbiens Fruchtexporteure wollen sie demnächst auch auf internationalen Märkten in Europa und den USA anbieten.

 

 

 

 

Kolumbiens Kaffeeregion feiert ein rundes Jubiläum

Die Kaffeezone (oder auch Kaffeedreieck genannt), eine der grössten Tourismusdestinationen Kolumbiens, feiert am 25. Juni ein besonderes Jubiläum: den fünften Jahrestag, seitdem die Region im Jahr 2011 von der UNESCO zum Weltkulturerbe der Menschheit ernannt wurde. Grund genug, Bilanz zu ziehen und sich mit der Frage zu beschäftigen: hat die von der UNESCO verabschiedete Erklärung positiv zur Entwicklung der Region beigetragen?

Kaffee Kolumbien

Der Begriff Paisaje Cultural Cafetero, der übersetzt Kaffee-Kulturlandschaft bedeutet, bezieht sich auf insgesamt 47 Gemeinden, die in den vier Provinzen Caldas, Risaralda, Quindio und Valle de Cauca gelegen sind. Bereits vor rund 4000 Jahren kannten die Menschen, die die Region damals bevölkerten, organisierten landwitschaftlichen Anbau. Die vorteilhaften klimatischen Bedingungen, zusammen mit den besonders fruchtbaren Böden, die sich überwiegend aus Vulkanerde zusammensetzen, schaffen bis heute beste Voraussetzungen für die Kultivierung von Kakao, Zuckerrohr, Yuca, Kochbananen, Kartoffeln  –  und eben auch Kaffee.

Rund um Manizales, Pereira, Armenia und Cartago haben es die Kaffeebauern und ihre entsprechenden Vertreter-Organisationen auf eindrucksvolle Weise geschafft, tausende kleiner Kaffee-Plantagen harmonisch in die bergige Anden-Landschaft einzufügen. Obwohl die Produktion des weltweit besten Kaffees zu den Haupteinnahmequellen der Kaffeezone zählt, hat man nirgendwo den Eindruck, die Gegend wäre durch eine landwirtschaftliche Monokultur geprägt. Zwischen den Kaffeepflanzen wachsen u.a. Orangen-, Zitronen-, Bananen- und Kochbananenbäume. Mit ihrer Erklärung aus dem Jahr 2011 trägt die UNESCO daher den Bemühungen der Bauern Rechnung und honoriert ihre über Generationen hinweg betriebenen Anstrengungen, landwirtschaftliche Tätigkeiten harmonisch in die Landschaft einzufügen.

Insgesamt mehr als 75 Millionen Dollar haben die kolumbianische Regierung und verschiedene Wirtschaftsverbände in den vergangenen fünf Jahren in die Region investiert. Während dieses Zeitraums nahmen 263.000 Kaffeebauern an staatlich unterstützten Ausbildungsprogrammen teil, 25 Musikschulen verschiedener Gemeinden wurden mit neuen Instrumenten ausgestattet, 16 Kulturzentren wurden ausgebaut oder renoviert und 35 öffentliche Bibliotheken mit neuen Büchern ausgestattet. Mehr als 2850 Bewohner der Eje Cafetero genannten Kaffeezone haben entweder an kulturellen Programmen teilgenommen oder haben sich staatlichen Lehrgängen angeschlossen, die regionale Start-Ups unterstützen. Die Kaffeeregion ist heute nicht nur eine Gegend, die ihre traditionellen Ursprünge pflegt und erhält, sondern sie ist darüber hinaus ausserdem zu einer modernen, zukunftsorientierten Region gewachsen.

Lina Rivas, Geschäftsführerin des Komitees “Paisaje Cultural Cafetero de Colombia PCCC – Kaffee-Kulturlandschaft Kolumbiens», fasst die Bemühungen der vergangenen fünf Jahre so zusammen: “Es ist zweifellos eine Herausforderung, die Balance zwischen sinnvoller wirtschaftlicher Produktivität einer Region und landwirtschaftlichem Raubbau zu finden, zwischen Tradition und Moderne, zwischen Stillstand und einem Fortschritt, der die geopolitischen und historischen Bedingungen unseres Kulturkreises berücksichtigt. Mit unserer Arbeit möchten wir deshalb sicherstellen, dass künftige Generationen eine produktive Kaffeeregion vorfinden, eine Gegend, die stolz auf ihre Wurzeln ist.”

Wer Gelegenheit hat, das Kaffeedreieck Kolumbiens zu bereisen und kennenzulernen, der wird sicherlich zu dem Urteil kommen, dass die zurückliegenden Bemühungen der Bewohner keinesfalls vergeblich waren. Die Kaffeeregion ist heutzutage nicht nur eine der fortschrittlichsten Gegenden des Landes in Hinblick auf ihre Infrastruktur – modern ausgebaute Strassen verbinden die Region mit dem Rest des Landes, drei, teils internationale, Flughäfen befinden sich im Umkreis von gerademal 100 Kilometern  -, sondern sie zeichnet sich davon abgesehen auch durch ihre tiefe Verbundenheit zu jahrhundertealten Traditionen und Bräuche aus.

Text: Oliver Schmieg