Kolumbiens Kaffeeregion feiert ein rundes Jubiläum

Die Kaffeezone (oder auch Kaffeedreieck genannt), eine der grössten Tourismusdestinationen Kolumbiens, feiert am 25. Juni ein besonderes Jubiläum: den fünften Jahrestag, seitdem die Region im Jahr 2011 von der UNESCO zum Weltkulturerbe der Menschheit ernannt wurde. Grund genug, Bilanz zu ziehen und sich mit der Frage zu beschäftigen: hat die von der UNESCO verabschiedete Erklärung positiv zur Entwicklung der Region beigetragen?

Kaffee Kolumbien

Der Begriff Paisaje Cultural Cafetero, der übersetzt Kaffee-Kulturlandschaft bedeutet, bezieht sich auf insgesamt 47 Gemeinden, die in den vier Provinzen Caldas, Risaralda, Quindio und Valle de Cauca gelegen sind. Bereits vor rund 4000 Jahren kannten die Menschen, die die Region damals bevölkerten, organisierten landwitschaftlichen Anbau. Die vorteilhaften klimatischen Bedingungen, zusammen mit den besonders fruchtbaren Böden, die sich überwiegend aus Vulkanerde zusammensetzen, schaffen bis heute beste Voraussetzungen für die Kultivierung von Kakao, Zuckerrohr, Yuca, Kochbananen, Kartoffeln  –  und eben auch Kaffee.

Rund um Manizales, Pereira, Armenia und Cartago haben es die Kaffeebauern und ihre entsprechenden Vertreter-Organisationen auf eindrucksvolle Weise geschafft, tausende kleiner Kaffee-Plantagen harmonisch in die bergige Anden-Landschaft einzufügen. Obwohl die Produktion des weltweit besten Kaffees zu den Haupteinnahmequellen der Kaffeezone zählt, hat man nirgendwo den Eindruck, die Gegend wäre durch eine landwirtschaftliche Monokultur geprägt. Zwischen den Kaffeepflanzen wachsen u.a. Orangen-, Zitronen-, Bananen- und Kochbananenbäume. Mit ihrer Erklärung aus dem Jahr 2011 trägt die UNESCO daher den Bemühungen der Bauern Rechnung und honoriert ihre über Generationen hinweg betriebenen Anstrengungen, landwirtschaftliche Tätigkeiten harmonisch in die Landschaft einzufügen.

Insgesamt mehr als 75 Millionen Dollar haben die kolumbianische Regierung und verschiedene Wirtschaftsverbände in den vergangenen fünf Jahren in die Region investiert. Während dieses Zeitraums nahmen 263.000 Kaffeebauern an staatlich unterstützten Ausbildungsprogrammen teil, 25 Musikschulen verschiedener Gemeinden wurden mit neuen Instrumenten ausgestattet, 16 Kulturzentren wurden ausgebaut oder renoviert und 35 öffentliche Bibliotheken mit neuen Büchern ausgestattet. Mehr als 2850 Bewohner der Eje Cafetero genannten Kaffeezone haben entweder an kulturellen Programmen teilgenommen oder haben sich staatlichen Lehrgängen angeschlossen, die regionale Start-Ups unterstützen. Die Kaffeeregion ist heute nicht nur eine Gegend, die ihre traditionellen Ursprünge pflegt und erhält, sondern sie ist darüber hinaus ausserdem zu einer modernen, zukunftsorientierten Region gewachsen.

Lina Rivas, Geschäftsführerin des Komitees “Paisaje Cultural Cafetero de Colombia PCCC – Kaffee-Kulturlandschaft Kolumbiens», fasst die Bemühungen der vergangenen fünf Jahre so zusammen: “Es ist zweifellos eine Herausforderung, die Balance zwischen sinnvoller wirtschaftlicher Produktivität einer Region und landwirtschaftlichem Raubbau zu finden, zwischen Tradition und Moderne, zwischen Stillstand und einem Fortschritt, der die geopolitischen und historischen Bedingungen unseres Kulturkreises berücksichtigt. Mit unserer Arbeit möchten wir deshalb sicherstellen, dass künftige Generationen eine produktive Kaffeeregion vorfinden, eine Gegend, die stolz auf ihre Wurzeln ist.”

Wer Gelegenheit hat, das Kaffeedreieck Kolumbiens zu bereisen und kennenzulernen, der wird sicherlich zu dem Urteil kommen, dass die zurückliegenden Bemühungen der Bewohner keinesfalls vergeblich waren. Die Kaffeeregion ist heutzutage nicht nur eine der fortschrittlichsten Gegenden des Landes in Hinblick auf ihre Infrastruktur – modern ausgebaute Strassen verbinden die Region mit dem Rest des Landes, drei, teils internationale, Flughäfen befinden sich im Umkreis von gerademal 100 Kilometern  -, sondern sie zeichnet sich davon abgesehen auch durch ihre tiefe Verbundenheit zu jahrhundertealten Traditionen und Bräuche aus.

Text: Oliver Schmieg

Willys Jeep, ein Kult-Auto der Kaffeezone

Yipao ist in Kolumbiens Kaffeeregion ein sehr gängiger Begriff, den jedoch viele Bewohner anderer Teile des südamerikanischen Landes kaum – oder nur schwer –  verstehen. Das Wort Yipao ist ganz einfach eine spanische Version des englischen Begriffs Jeep und bezieht sich auf Bräuche und Sitten, die im Zusammenhang mit den kleinen Willys-Geländewagen nordamerikanischer Herstellung stehen.

Yipiao-ejecafetero

Ab 1950 importierte die Firma “Leonidas Lara e Hijos” im Rahmen der “Allianz für amerikanische Länder – Alianza para las Americas” insgesamt 100 der rührigen und äusserst robusten Kleinwagen nach Kolumbien. In der Kaffeezone, in der unzählige kleine Fincas weit verstreut an abgelegenen und steilen Berghängen liegen, fanden die ersten Willys Jeeps dankbare Abnehmer. Mit kleinen technischen Änderungen versehen, waren sie bereits vor Jahrzehnten die idealen Fahrzeuge, um schwer beladen die engen und kurvigen Schotter-Bergstrassen rund um Armenia, Pereira und Manizales entlangzufahren. Tonnenschwere Kaffee-Ernten konnten damit leicht zu den Marktplätzen der umliegenden Dörfer und Städte gebracht werden.

Die meisten Kolumbianer hegen ein regelrecht liebevolles Gefühl für das wendige Auto. Entwicklung und Fortschritt der Kaffeezone, so glauben sie, sind eng mit dem nordamerikanischen Fahrzeug verbunden. In den pittoresken Bergdörfern der Region findet man deshalb auch heute noch an fast jeder Strassenecke einen geparkten Willys Jeep. Reich verziert – und oft mit modernen, hubraumstarken Motoren anderer Fahrzeuge versehen – leisten sie auch noch im 21. Jahrhundert treue Dienste in den tiefen Tälern der kolumbianischen Anden.

Im Rahmen zahlreicher Dorf- und Stadtfeste werden Willys Jeeps heutzutage gerne ausgestellt oder bewerben sich gar um Preise. Beim Wettbewerb “Wer fährt die längste Strecke auf den Hinterrädern seines hecklastig beladenen Fahrzeuges” ist seitens des Fahrers besonders viel Geschick nötig.  Eine der bekanntesten Veranstaltungen findet Ende Juni/Anfang Juli in Calarcá, Quindio statt. Bei der “Fiesta Naciónal del Café” wird nicht nur die Schönheitskönigin des Kaffees gewählt, sondern es werden darüber hinaus am 03.07.2016 auch die aussergewöhnlichsten Willys Jeeps und deren beste Fahrer gekürt.