Der in Kolumbien wachsende Guadua-Bambus (Guadua angustifolia) gehört zu den härtesten und dicksten Bambus-Arten, die es weltweit gibt. Er wächst in Höhenlagen zwischen 400 und 2000 m und gehört zur Familie der Süssgrässer. Wegen seiner Wuchshöhe von bis zu 30 Meter und seiner Wandstärke von 30 bis 35 mm eignet er sich hervorragend als Baumaterial für Gebäude, die häufig sogar mehrstöckig sein können.
Gerade in Kolumbiens Kaffeezone werden Fincas und Häuser überwiegend aus Guadua gebaut. Der kolumbianische Architekt Simón Vélez stammt aus Manizales und ist bekannt für seine herausragenden Bauten aus Guadua-Bambus. Für die Expo 2000 in Hannover hatte der rührige Architekt bereits vor mehr als 15 Jahren den Zeri-Pavillon entworfen, der mit einer Gesamtfläche von 2000 m² bis heute zu den grössten Bambus-Gebäuden der Welt gezählt wird. “Vor 30 Jahren fand ich heraus, dass sich selbst mit Bambus stabile Verbindungen herstellen lassen, sofern man nur die Hohlräume der Pflanze mit Zement ausgiesst. Damals kannte man diese Konstruktionstechnik noch nicht. Die Tragfähigkeit von Bambus wird damit jedoch extrem hoch. Für mich ist unser Guadua-Bambus sogar so etwas wie pflanzlicher Stahl”, erklärt der innovative Architekt.
Bis zu 15 Zentimeter wachsen die Guadua-Halme täglich und nehmen dabei rund 500 cm³ an Biomasse zu. Nur drei bis vier Jahre nach ihrem Anbau können sie bereits geschnitten werden. Nach einem Konservierungsprozess, der in Kolumbien in der Regel aus einem Tauchverfahren mit einer Bor-Lösung besteht, können die Halme der baumartigen Bambus-Art für ihre Produktion verwendet werden. Die Bambus-Art “Guadua angustifolia” bedeckt in Kolumbien eine Fläche von insgesamt 51.000 Hektar – etwa 10% davon sind kommerzielle Bambus-Plantagen.
“Leider hat der Kaffeeanbau während der vergangenen Jahrzehnte zunehmend unsere Guadua-Plantagen verdrängt”, weiss Simón Vélez. Das soll sich nun allerdings ändern. “Zumindest rund um Manizales, Pereira und Armenia könnte die Zucht von Guadua-Bambus nicht nur für ein enormes Wirtschaftswachstum sorgen, sondern könnte darüber hinaus sogar eine Alternative zum Kaffeeanbau darstellen”, ergänzt er – und bezieht sich dabei auf die Nachfrage, den kolumbianischer Bambus gerade im europäischen Ausland erfährt. “Für die Expo 2000 musste unser Pavillon noch von den deutschen Baubehörden genehmigt werden. Nach ausführlichen Prüfungen und Tests wurde damals unser Guadua-Bambus als Baumaterial zugelassen, seitdem gibt es mehrere Firmen, die ihn nach Deutschland exportieren”, erinnert sich der kolumbianische Architekt.
Nur 22 Kilometer von der Provinzhauptstadt Armenia entfernt befindet sich das Forschungs- und Ausbildungszentrum Centro Nacional para el Estudio del Bambú Guadua. Seit 1986 werden in der Anlage nicht nur verschiedene Bambus-Arten gezüchtet, sondern es werden darüber hinaus auch die Eigenschaften der Pflanze ausführlich erforscht. Wer sich für kolumbianischen Bambus interessiert, kann die Einrichtung täglich von 9:00 bis 16:30 Uhr besuchen. Ausführliche Auskunft erhält man unter den beiden Mobilnummern: 321-8401257 und/oder 317-5022781.
Abschliessend noch ein kleiner Tipp für diejenigen, die einen Urlaub in Kolumbien planen: in der Parkanlage Recinto del Pensamiento in Manizales befindet sich ein originalgetreuer Nachbau des Pavillons, den Simón Vélez vor Jahren für die Expo in Hannover gebaut hatte. Ein Besuch ist nicht nur für Architektur-Liebhaber ein Muss!